Die Geschichte der Kirchengemeinde Pfingst

Nur die wenigsten, die heute zu unserer Gemeinde gehören, sind auch hier in der Gegend aufgewachsen. Ich selbst lebe seit 1999 in Friedrichshain. Seit einiger Zeit beschäftige ich mich etwas intensiver mit dessen Geschichte und besonders mit der Pfingstkirche und dem Viertel um den Petersburger Platz.

Wie genau kam es zur Gründung der Gemeinde? Was ist das Besondere an unserem Kirchenbau? Was kann man erzählen über die Entwicklung unseres Viertels zwischen den Friedhöfen im Westen und dem ehemaligen Schlachthofgelände im Osten? Was passierte in unserer Gemeinde in der NS-Zeit? Wie war der Neuanfang nach dem Zweiten Weltkrieg? Was hat es mit der „Offenen Arbeit“ auf sich, die an der Pfingstkirche Anfang der 1980er Jahre einen Ort hatte? Wie kam es zum „Kirchentag von unten“ 1987?

Dies sind nur einige Fragen. Manche lassen sich leicht beantworten, bei anderen ist es schwieriger. Ich möchte in der nächsten Zeit von meinen Entdeckungen in der Literatur über den Friedrichshain berichten, aber auch von den Ergebnissen meiner eigenen Recherchen. Und von den Menschen, die ich dabei kennenlerne. Ich freue mich über Rückmeldungen aller Art. Hallo, Gemeindegeschichte: Wir kommen!

Ulrich Tempel
geschichte@pfingstkirche-berlin.de

„Die Kirche im Friedrichshainer Norden“ ein Artikel im „Friedrichshainer Zeitzeiger“ (Juni 2016) über die Pfingstkirche.                                  

Teil 5: Jürgen Kröger – Ein Architekt, der Friedrichshain mitgeprägt hat

Wo gibt es denn sowas? Zwei Kirchen in Friedrichshain sind praktisch zeitgleich entstanden und wurden von Jürgen Kröger erbaut – die Zwingli- und die Pfingstkirche (letztere gemeinsam mit Gustav Werner). Beide Kirchen wurden 1908 geweiht.

Wer war Jürgen Kröger? Absolvent der Baugewerkschule in Eckernförde, Gasthörer an der TH Charlottenburg und Schüler des berühmten Kirchenarchitekten Johannes Otzen. Zuerst mit einem Partner, dann Inhaber seines eigenen Büros, realisierte er ganze unterschiedliche Bauprojekte: vor allem Kirchen, besonders in Norddeutschland, Sachsen, Schlesien und Berlin.

Zwischen 1901 und 1903 errichtete Jürgen Kröger zum Beispiel die Christophoruskirche in Berlin-Friedrichshagen, wo er kurz vorher auch das Rathaus gebaut hatte. Eines seiner ersten Bauprojekte, gemeinsam mit einem Partner, war die Synagoge in Glogau (Głogów). Zu den realisierten Arbeiten gehören auch ein großer Bahnhof in Metz und eine stattliche Rathauserweiterung in Görlitz.

Aus unterschiedlichen Gründen verzögerten sich der Bau von Zwingli- und Pfingstkirche erheblich, doch überraschenderweise im gleichen Zeitumfang. Erste Skizzen für die Kirchen entstanden 1899/1900, doch die Grundsteine wurden erst 1906 gelegt. 1908 waren die Kirchen vollendet und wurden geweiht: im Februar die Zwingli-, im Juni die Pfingstkirche. Seitdem stellen sie die städtebaulichen Landmarken ihrer Quartiere dar: die Zwinglikirche auf dem Eckgrundstück am Rudolfplatz und die Pfingstkirche am Petersburger Platz in der Sichtachse der Matternstraße.

In einer biografischen Studie wird Jürgen Kröger als ein „Architekt zwischen Historismus und Vormoderne“ (Peter Genz) beschrieben. Historismus? Das leuchtet sofort ein, wenn man sich die Kirchen genauer anschaut und die Vielzahl der Architekturanleihen wahrnimmt. Zum Beispiel die Maßwerkfenster oder der Staffelgiebel der Pfingstkirchenfassade.

Aber gibt es auch Elemente in der Architektur der beiden Kirchen, die auf künftige Entwicklungen des Bauens hindeuten? Beide Kirchen sind auf jeden Fall qualitätvolle Bauten der Anfangsjahre des 20. Jahrhunderts, die bis heute das Stadtbild prägen.

Teil 4: Friedrichshain-Bücher – 1930 und 2013

Zwischen dem Erscheinen der beiden vielleicht wichtigsten Überblicksdarstellungen zum Stadtbezirk Friedrichshain liegen 83 Jahre.

1930 regte das Bezirksamt Friedrichshain den Band an „Der Berliner Osten“ an. Auf fast 400 Seiten, ausgestattet mit über 100 Abbildungen und einer detaillierten Karte, wird die Geschichte der verschiedenen Stadtteile dokumentiert.

Auf Anregung der Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg erschien 2013 – unter Bezugnahme auf den Band von 1930 – die „Kleine Friedrichshaingeschichte“. 14 Autoren widmen sich in reich bebilderten Aufsätzen einzelnen Vierteln und markanten Orten des Stadtbezirks (Barnimviertel, Volkspark Friedrichshain, Samariterviertel, Karl-Marx-Allee usw.). Das Viertel um den Petersburger Platz ist leider nicht dabei.

     

Im einführenden Aufsatz erwähnt Dirk Moldt jedoch den „Kirchentag von unten“ 1987 im Hof und Gemeindehaus der Pfingstkirche. Dazu findet sich auf S. 31 auch ein Foto des Toreingangs der Pfingstkirche. (13.5.2016)

„Der Berliner Osten“ ist antiquarisch, die „Kleine Friedrichshaingeschichte“ im Buchhandel erhältlich.

Zum Buch: https://www.berlinstory-verlag.de/programm/bezirke-kieze/kleine-friedrichshaingeschichte/

Teil 3: Die Sanierung des Kirchturms – 1981/82

Der Turm der Pfingstkirche überstand den Zweiten Weltkrieg. Das war für die Anwohner ein ermutigendes Zeichen. Die Erschütterungen des Krieges und die jahrzehntelange Wärme- und Frosteinwirkung setzten dem Turm jedoch zu.

In den 1970er Jahren wurde klar, dass die Statik des Turms insgesamt bedroht war. Einigen in der Gemeinde schien es, dass ein Abtragen des Turms die einfachste Lösung sei, doch konnten sich diese Stimmen nicht durchsetzen.

1980 wurde ein „Arbeits- und Schutzgerüst“ errichtet, das auf den Fotos zu sehen ist. 1981/82 erhielt der Turm dann – einem Gutachten eines erfahrenen Bausachverständigen folgend – ein sog. „Umschnürungsstahlkonstruktion “, also eine Art eisernes „Korsett“.

     

Nach ca. 35 Jahren sind nun wieder Sanierungsarbeiten am Turm nötig. Sie haben im August 2015 begonnen haben und werden vom Kirchenkreis, der Landeskirche und dem Landesdenkmalamt finanziell gefördert.

Fotos: Archiv Kirchengemeinde Pfingst

Teil 2: Kirchentag von unten – 1987

Zwei junge Menschen schauen selbstbewusst, neugierig in die Kamera. Juni 1987, Ost-Berlin. Man kann ahnen, wie sehr sie mit diesem Äußeren in der DDR auffielen.

Auf der linken Seite des Bildes sind Fenster zu erkennen, rechts eine Gebäudewand. Es ist der Hof zwischen Pfingstkirche und Gemeindehaus. Kurz vor Beginn des „großen“ Kirchentages fiel die Entscheidung, dass die verschiedenen Gruppen, die einen Vorbereitungskreis gebildet hatten (u.a. der Friedrichsfelder Friedenskreis und die Umwelt-Bibliothek), Hof und Gemeinderäume für einen „Kirchentag von unten“ nutzen konnten.

Schon am zweiten Tag wurde aufgrund des großen Interesses die Galiläakirche einbezogen. Neben Arbeits- und Diskussionsgruppen gab es Infostände, Konzerte, Lesungen und Theater. Die „Kirchentag von unten“ war eines der wichtigsten Treffen von Basisgruppen in der Spätzeit der DDR. (21.3.2016)

Foto: Harald Hauswald/OSTKREUZ, 1987

Informationen zur „Kirche von unten“.

Bucheditionen der Agentur OSTKREUZ.

Teil 1: Der Petersburger Platz – ca. 1910

Im Landesarchiv Berlin in Reinickendorf finden sich einige Unterlagen zur Pfingstkirche und der Gegend um den Petersburger Platz. Meine Freude war sehr groß, als ein Archivar mir eine Kopie dieser Postkarte zeigte. Unverkennbar, der Petersburger Platz. Die Kirche ist errichtet, die Bebauung rund um den Platz abgeschlossen. Sehr eindrucksvoll sieht das Haus an der Ecke Mühsamstraße (damals Zorndorfer Straße) aus. Leider findet sich keine genaue Datierung auf der Postkarte. Ich würde schätzen: ca. 1910.

In dem sogenannten „Hobrechtplan“, dem „Bebauungsplan der Umgebungen Berlins“ aus den 1860er Jahren, taucht unser Platz mit dem Buchstaben „M“ auf. Bis zur tatsächlichen Bebauung dauerte es aber noch einige Jahre. Im Landesarchiv gibt es einen Plan aus dem Jahr 1900 für die Gestaltung des langgestreckten Platzes. Darauf sind ein ovales Beet in der Mitte und zwei kreisrunde Flächen nahe der Straßmannstraße und der damaligen Zorndorfer Straße zu erkennen. Schaut man auf unsere Postkarte, kann man einen Kreis erahnen, mit spielenden Kindern hinter der Litfaßsäule.

Der Turm der Pfingstgemeinde beherrscht bis heute den Platz. Die Gemeinde entstand als „Tochter“ der Auferstehungsgemeinde. Das Baugrundstück wurde bereits 1899 erworben, die Kirche aber erst 1908 eingeweiht. Die Realisierung hatte sich also ein wenig hingezogen. Zwei Jahre zuvor war die Pfingstgemeinde als eigene Gemeinde gegründet worden. Ich vermute, dass 1906, als der Bau begann, die Häuser links und rechts neben der Kirche schon standen. Oder doch nicht? (21.2.2016)

Abbildung: Landesarchiv Berlin E_Rep_200-43_22-7